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A User’s Guide to Restructuring the Global Trading SystemStephen Miran
Hudson Bay Capitalnov. 2024 41 pág.

Der US-Dollar ist die Königin der Währungen. Rund 80 Prozent aller grenzüberschreitenden Handelsgüter werden in Dollar abgerechnet und bezahlt. Das heißt, die internationale Realwirtschaft wird größtenteils in Dollar abgewickelt, auch wenn an der jeweiligen Transaktion kein amerikanisches Unternehmen beteiligt ist. In der Finanzwirtschaft ist die Dominanz des Dollars noch ausgeprägter: Fast 90 Prozent des Devisenhandels werden in der US-Währung durchgeführt. Die Finanzwirtschaft ist zudem um ein Vielfaches größer als die Realwirtschaft: Der Devisenhandel beläuft sich auf rund 7,5 Billionen Dollar täglich. Das entspricht etwa einem Viertel des globalen Handels pro Jahr. Keine Frage: Der US-Dollar regiert über das Imperium der finanzialisierten Globalisierung.

Die Königin der Währungen auszugeben, sei ein Privileg, heißt es gemeinhin. Amerikaner, die ins Ausland reisen, freuen sich darüber, wie viel lokale Währung sie für ihre Dollar bekommen. US-Firmen, die weltweit Handel treiben, können dies tun, ohne sich um Wechselkursrisiken sorgen zu müssen. Die Vereinigten Staaten insgesamt können es sich leisten, viel mehr Güter zu konsumieren, als sie produzieren, weil andere Länder diese gerne im Tausch gegen Unternehmensanteile, US-Staatsanleihen und auch Dollar in Cash verkaufen. Die ungebrochene Nachfrage nach solchen Forderungen auf Teile der US-Wirtschaft ermöglicht es sowohl der amerikanischen Regierung als auch den Unternehmen, weltweit günstig und in großem Umfang Kredite aufzunehmen.

Genauso bedeutsam ist, dass die USA diese globale Dimension des Dollars nutzen, um geopolitische Macht auszuüben. Seit dem Ende des Kalten Krieges ist ein immer größeres Netz von Sanktionen in US-Dollar gegen Einzelpersonen, Unternehmen oder sogar ganze Nationen entstanden. Außerdem haben die USA seit Anfang der 2000er Jahre begonnen, ihren Status als »Königin der Währungen« zu nutzen, um Steuerhinterziehung und Wirtschaftskriminalität über ihre Grenzen hinaus zu bekämpfen. Das heißt, der US-Dollar wird als Waffe eingesetzt, um Verbündete (zum Beispiel Deutschland) ebenso wie Kontrahenten (die üblichen Verdächtigen wie Iran, Russland oder Nordkorea) dazu zu zwingen, sich den Interessen der USA anzupassen. Andernfalls, so die Drohung, werden sie vom Dollarsystem abgeschnitten. Seit George W. Bushs Patriot Act von 2001 haben alle US-Regierungen von dieser Macht reichlich Gebrauch gemacht.

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Doch Präsident Trump und seine Regierung sehen die Dinge etwas anders. Die Ausgabe der mächtigsten Währung der Welt ist ihrer Ansicht nach eher eine Belastung als ein Privileg; eine Last, die sie nicht länger allein tragen wollen. Ihr Hauptkritikpunkt an der internationalen Rolle des US-Dollars ist dessen Auswirkung auf die heimische Realwirtschaft. Die hohe weltweite Nachfrage nach dem Dollar stärkt dessen Wert und verteuert damit US-Produkte im Vergleich zu denen anderer Länder. Ein starker Dollar steht somit einem der zentralen Ziele Trumps im Weg: der Wiederbelebung der amerikanischen Industrie. Andere Schwächen der US-Hersteller – dass ihre Autos zum Beispiel zu groß für europäische Straßen sind oder viel zu viel Benzin verbrauchen – scheinen in dieser Weltsicht keine Rolle zu spielen. Gleiches gilt für den Fakt, dass die US-amerikanischen Finanz- und Digitaldienstleistungen einen Überschuss generieren.
Doch Banker und Tech-Elite bilden – egal, wo sie nun politisch stehen mögen – offensichtlich keine ausreichende Basis. Sie sind das eine Prozent. Das reicht nicht, um ein populistisches Regime aufzubauen. »In den letzten vier Jahrzehnten, also seit ich meine Karriere an der Wall Street angefangen habe, ist die Wall Street reicher geworden als je zuvor, und sie kann immer weiter wachsen und florieren«, sagte Trumps Finanzminister Scott Bessent, ein früherer Hedgefonds-Manager, nach dem Zollschock Anfang April. »Aber in den kommenden vier Jahren wird sich Trumps Agenda eben auf die Main Street konzentrieren. Jetzt ist die Main Street an der Reihe, Arbeitnehmer einzustellen. Jetzt ist die Main Street an der Reihe, Investitionen voranzutreiben. Jetzt ist die Main Street an der Reihe, den amerikanischen Traum zurückzubringen.«