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Another Zionism, Another Judaism: The Unrequited Love of Rabbi Marcus EhrenpreisGöran Rosenberg
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Being Jewish After the Destruction of Gaza: A ReckoningPeter Beinart
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כיבוש מבית (Occupation From Within)Michael Sfard
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Gaza im Auge der GeschichteEnzo Traversoübers. v. André Hansen
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Kommt es in Europa endlich zu einem Sinneswandel? Beginnt das Begreifen? In einer gemeinsamen Erklärung vom 19. Mai 2025 verurteilten Emmanuel Macron, Keir Starmer und Mark Carney Israels Vorgehen in Gaza. «Das Ausmaß des menschlichen Leidens in Gaza ist unerträglich», schrieben sie. «Wir fordern die israelische Regierung auf, ihre militärischen Operationen in Gaza einzustellen und unverzüglich humanitäre Hilfe zuzulassen.» Weiterhin verurteilten sie die «entsetzliche Sprache, die zuletzt von Mitgliedern der israelischen Regierung verwendet wurde, und ihre Drohungen, die Zivilisten würden aus Verzweiflung über die totale Zerstörung Gaza bald verlassen.» Im Juni wurden erste Sanktionen gegen die extremistischen Minister Smotrich und Ben-Gvir verhängt, allerdings nur von fünf Ländern, von denen keines in der EU ist. Welche weiteren «konkreten Maßnahmen» dem französischen Präsidenten und den Premierministern Großbritanniens und Kanadas vorschweben, und ob sie sie ergreifen werden, bleibt abzuwarten.

Auch in Deutschland ändert sich der Ton. «Die Zivilbevölkerung derart in Mitleidenschaft zu nehmen, wie das in den letzten Tagen immer mehr der Fall gewesen ist, lässt sich nicht mehr mit einem Kampf gegen den Terrorismus der Hamas begründen», erklärte Bundeskanzler Merz am 26. Mai. Die Einsicht wächst, dass ein neuer Holocaust nicht verhindert werden kann, indem man die Kritik an Israel zum Schweigen bringt, sondern indem man sie verschärft. Zwei Wochen vor der Äußerung des Kanzlers beschloss Die Linke auf ihrem Bundesparteitag in Chemnitz die Ablehnung der IHRA-Definition des Antisemitismus, auf die Behörden und Bundestagsresolutionen in Deutschland zurückgreifen, wenn sie Kritik an Israel als «antisemitisch» brandmarken. Stattdessen werde man sich auf die weniger befangene Jerusalemer Erklärung berufen, die von hunderten Wissenschaftlern, darunter viele Juden, in Israels Hauptstadt erarbeitet wurde. Jüdinnen und Juden als moralische Schutzschilde zur Verteidigung von Kriegsverbrechen einzusetzen, diene «nicht dem Schutz jüdischen Lebens», sondern untergrabe den Kampf gegen Antisemitismus, begründete die Partei ihre Entscheidung.

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Wie die Linke bald erfuhr, herrscht unter Jüdinnen und Juden große Uneinigkeit, was gut für sie ist. Josef Schuster, Präsident des Zentralrats, beklagte die «Ignoranz der Linkspartei gegenüber der jüdischen Gemeinschaft, in der die IHRA-Definition weltweit anerkannt ist». In ihrer Orientierung an einer Antisemitismus-Definition, die die kritische Auseinandersetzung mit der israelischen Politik nicht einschränken will, zeige die Linke «wo sie steht – und das ist nicht an der Seite der Jüdinnen und Juden in Deutschland». Vielmehr sei sie «getrieben von Israelhass», so Schuster. Gemäß der IHRA-Definition heißt das: von Antisemitismus.

Die Reaktion des Zentralrats auf den Beschluss der Linkspartei zeigt einmal mehr, wie stark die Debatten über Israels Vorgehen in Gaza davon gesteuert werden, wer die Definitionsmacht über Begriffe wie «Antisemitismus» und «jüdisches Leben» ausüben darf. Häufig sind es jüdische Organisationen, die bedingungslos an der Seite des Staates Israels stehen, welche jegliche Kritik an Netanjahus Regierung, dem Vorgehen der IDF und der sie stützenden Zivilgesellschaft als Hassrede delegitimieren. Sie behaupten, im Namen aller Juden oder zumindest einer überwältigenden Mehrheit zu sprechen, während sie alternative jüdische Stimmen mit großem Aufwand zum Schweigen bringen. Als der jüdisch-israelische Philosoph und Netanjahu-Gegner Omri Boehm im April von der Gedenkstätte Buchenwald eingeladen wurde, eine Rede zum Tag der Befreiung des Konzentrationslagers zu halten, übte die israelische Botschaft so lange Druck auf die Organisatoren aus, bis diese ihre Einladung zurückzogen.