Zerstörungslust. Elemente des demokratischen FaschismusCarolin Amlinger & Oliver Nachtwey
SuhrkampOct 2025 €30 453 pp.

Mit ihrem 2022 publizierten Buch Gekränkte Freiheit trafen die Sozialwissenschaftler:innen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey nicht nur einen Nerv der Ratlosigkeit nach der Pandemie. Der Band leistete soziologische Aufklärungsarbeit im besten Sinn: Die scheinbar völlig inkohärenten Allianzen zwischen rechts und links, die sich gegen die Corona-Maßnahmen gebildet hatten, wurden verständlich vor dem Hintergrund eines eigentümlichen Freiheitsbegriffs, der autoritäre und radikal-libertäre Vorstellungen vereinte.

Das Buch nach dem Erfolgsbuch ist immer eine besondere Herausforderung: Macht man nach bewährtem Rezept weiter? Wagt man sich an neue, ambitionierte Begriffsbildungen, gar an eine weiterführende Theorie der Gegenwart? Zerstörungslust ist auf jeden Fall ein gelungener Titel: Wer hat sich nicht schon gefragt, warum Musk und Milei mit Kettensägen hantieren, Trump den Ostflügel des Weißen Hauses abreißen lässt und seine Anhänger im Kongress Vandalismus betrieben?

Doch die Lektüre von Amlinger und Nachtweys Elementen des demokratischen Faschismus – so der Untertitel – hat etwas Ernüchterndes, ja Symptomatisches. Letztlich illustriert der Band die Hilflosigkeit einer Theorie, die sich als Kritische versteht, ihren Gegenstand aber analytisch nicht recht zu fassen bekommt – und gleichzeitig, politisch, den real existierenden Faschisten etwas Demokratisches zugesteht.

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Einmal mehr arbeiten Amlinger und Nachtwey mit Umfragen und Interviews, in diesem Fall von Menschen, die AfD wählen und – das wird schnell deutlich – allerhand Enttäuschungen und Brüche in ihrem Leben erfahren haben (manchmal aber auch einfach wie notorische Streithansel erscheinen). Von den Einzelfällen gehen die beiden Soziolog:innen recht hurtig zu einer Diagnose des großen Ganzen über: Wir befänden uns in der «Nachmoderne»; in dieser Epoche seien Wege zum Aufstieg blockiert und die liberale Demokratie könne ihr Versprechen auf umfassende Problemlösung nicht mehr glaubwürdig machen. Jenseits der mehr oder weniger vermurksten Biografien werden die üblichen Belege referiert: wachsende Ungleichheit, sinkende soziale Mobilität, marode Infrastruktur, zunehmendes Ressentiment gegenüber dem, was die Autor:innen, sich dabei kritiklos aus dem Jargon des Rechtspopulismus bedienend, «liberale Eliten» nennen.