Seit seiner Amtseinführung hat Donald Trump etliche executive orders unterzeichnet, Präsidialerlässe, die darauf abzielen, progressive Gesetze und in manchen Fällen die Fundamente der verfassungsmäßigen Demokratie selbst auszuhebeln. Die Erlässe ergehen rasch, mittlerweile sind es fast hundert, und sie vermitteln den Eindruck eines sich selbst ermächtigenden Staatsapparats, der die Rechtsstaatlichkeit überwinden und die Grenzen autoritärer Macht austesten will. Viele sind dadurch verunsichert, ja verängstigt; sie fragen sich, wann diese Lawine aufhören wird und ob sie überhaupt aufhört. Manche winken ab, verweisen auf praktische Umsetzungsschwierigkeiten und setzen auf die Gerichte, die verhindern sollen, dass die Erlässe Gesetz werden. Andere sind sich ihrer realistischen Einschätzung (oder ist es Zynismus?) sicher, sie halten den Untergang der Demokratie für unvermeidlich und geben damit den Kampf schon auf, bevor er begonnen hat. Viele Institutionen sind den Erlässen unverzüglich gefolgt. Einige wohl aus Angst vor den Konsequenzen. Andere geradezu angeregt von der Furcht, die Trump verbreitet, im Bann einer Macht, vor der sie die Waffen strecken. Offenbar haben sie sich nicht gefragt, was ihre Unterwerfung bewirkt, und auch nicht erkannt, dass sie die Geltung der Erlässe mit ihrer Reproduktion und Durchsetzung erst verfestigen.

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Executive Order 14168, unterzeichnet am 20. Januar, trägt den Titel: «Schutz der Frauen vor extremistischer Gender-Ideologie und Wiederherstellung der biologischen Wahrheit in der Bundesregierung». In meinem Buch Who’s Afraid of Gender?, das im vergangenen Jahr erschienen ist, habe ich darauf hingewiesen, dass die Kampagne gegen die sogenannte «Gender-Ideologie» in den USA vergleichsweise spät Fuß gefasst hat. Den Begriff hatte der Vatikan bereits in den 1990er Jahren geprägt. In Lateinamerika wurde er sowohl von der katholischen als auch den evangelikalen Kirchen verbreitet (und trug dazu bei, ihr Zerwürfnis zu heilen) und später vom World Congress of Families übernommen, insbesondere im Jahr 2017, als auch Vertreter:innen der Trump-Regierung teilnahmen.