Wissenschaftsfreiheit – so wenig sie jemals emphatisch verwirklicht war – steht unter Druck, zumal für gesellschaftskritische Perspektiven. Gegenwärtig befinden wir uns in der verstörenden Situation, dass ein fortschrittliches und humanistisches, höchst unterstützenswertes Ziel – der Kampf gegen den Antisemitismus – in verunstalteter Form zum Katalysator andauernder Angriffe auf die Wissenschaftsfreiheit, auf Grund- und Freiheitsrechte im Allgemeinen und auch auf bestimmte Räume für Kritik wird – diese paradox erscheinende Konstellation nenne ich «autoritären Anti-Antisemitismus».
Entfalten möchte ich diesen Begriff entlang allgemeiner Überlegungen und anhand eines paradigmatischen Falls: der Besetzung eines Hörsaals an der Alice-Salomon-Hochschule Berlin durch palästinasolidarische Studierende im Januar 2025. In den Worten der Konfliktforscher:innen Mauthofer und Grimm steht der öffentliche Umgang mit diesem «Fall» beispielhaft für die generelle «Versicherheitlichung der Hochschulen, die Protest als Gefährdung einstuft und den universitären Raum politisch entleert», akademische Autonomie und Wissenschaftsfreiheit unterminiert, diskursive Räume verengt und dabei in einem regelrechten Kulturkampf Forschungsansätze von rechts diffamiert.