Capture, Treason and Solidarity

30 November 2024
18–21 Uhr
daadgalerie Oranienstraße 161 Berlin-Kreuzberg
Tash Aw, Moshtari Hilal, Diedrich Diederichsen, Emily Nill, Tobias Haberkorn

Im heutigen Diskurs sind alle gefangen: durch eine eskalierende Politik des Krieges und der Grausamkeit, durch sich gegenseitig ausschließende Vorstellungen von Trauma und Versöhnung – und durch die eigenen Ansichten, denn der einzige Weg nach vorne, so scheint es, besteht darin, sich immer noch tiefer in der eigenen Position zu verschanzen.

Das Schwierigste ist also, Allianzen zu bilden, die dem schlechten Determinismus der Zeit trotzen: für die Trauer aller empfänglich bleiben, aber gleichzeitig urteilsfähig sein. Denn nicht alle Leiden sind gleich oder könnten gleichbehandelt werden – wie die andauernden Kriege und ihre Auswirkungen auf den Straßen Berlins zeigen, herrschen stets verschiedene Hierarchien der Solidarität, sei es in den Positionen des deutschen Staates, oder in der aktivistischen Politik.

Tash Aw, Moshtari Hilal und Diedrich Diederichsen – ein Romanautor, eine Autorin und bildende Künstlerin, ein Philosoph und Kritiker – werden einige der folgenden Fragen provokativ beleuchten: Welche Handlungsmöglichkeiten haben wir, wenn historische Ungerechtigkeiten schamlos und vor aller Augen geschehen? Haben Worte und Taten der Solidarität noch einen Einfluss auf die Realität, oder sind sie ein Verrat an ihren eigenen Prinzipien?

Tash Aws Romane, Essays und insbesondere sein Memoir Strangers on a Pier verflechten meisterhaft das Historische und das Persönliche und haben dabei einen besonderen Blick für das Erbe des britischen Kolonialreichs in Südostasien, das in den Strukturen des Weltliteratursystems ein unheimliches Echo hat; Moshtari Hilals neues Buch Hierarchien der Solidarität, das sie gemeinsam mit Sinthujan Varatharajah geschrieben hat und das soeben bei Wirklichkeit Books erschienen ist, buchstabiert die impliziten Ungleichheiten im Solidarischen aus, die uns seit dem 7. Oktober noch stärker beschäftigen als zuvor. Diedrich Diedrichsens Anthologie Das 21. Jahrhundert, erschienen im Frühjahr 2024 bei KiWi, blickt auf zweieinhalb Jahrzehnte Schreiben über Kunst, Kultur und Politik zurück – und hat in Diedrichs Essay «Don’t Cry Woke» im Berlin Review Reader 2 seine Fortsetzung gefunden.

Ein Abend in Zusammenarbeit mit dem Berliner Künstler*programm des DAAD.

Dies ist die letzte Folge der vom Berliner Kultursenat geförderten Gesprächsreihe Berlin Review Audio in den Jahren 2023/24.

Lesungen und Gespräche auf Englisch und Deutsch. Freier Eintritt, begrenztes Sitzplatzkontingent.