Essay
Neue populistische Parteien wie das BSW lassen sich kaum noch in das Rechts/Links-Schema einordnen. Damit vollenden sie eine Bewegung, die für rechtspopulistische Parteien in Osteuropa in den 1990ern begann: Um sich gegen die liberale Ordnung zu stemmen, ist man je nach Lage mal rechts, mal links.
Review
Jens Balzer und Susan Neiman wollen die Linken vor den «Woken» retten, sind sich aber vollkommen uneins darüber, was an dieser Sensibilität das Schlimmste sein soll. Geht’s ihnen gar nicht um aktuelle politische Kämpfe, sondern um ein Ideengerüst aus den 90ern – das einfach mal ein Update braucht?
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«Abschieben Abschieben Abschieben war das brutalste AfD-Plakat im Sommer 2024, Abschiebung schafft Wohnraum das perfideste und Corona Unrecht aufarbeiten dasjenige, das mich am meisten nachdenklich gemacht hat.» Unklar, was in Sachsen zuerst da war: die Unfreundlichkeit oder der Fremdenhass.
Review
Als in den 60ern in Jugoslawien die Winnetou-Filme gedreht wurden, kamen die Komparsen, die in Cowboy-und-Indianer-Drag aufeinander schossen, vom Balkan und der Vojvodina. Jahrzehnte später bekriegten sie sich in echt. In Die Projektoren macht Clemens Meyer daraus ein melancholisches Wende-Epos.
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Die Erforschung antisemitischer Einstellungen in Deutschland orientiert sich am Begriff des vom Vernichtungswillen angetriebenen «Erlösungsantisemitismus». Mangelhafte Empirie, ein Generalverdacht gegen Muslim:innen und eine Armada orientierungsloser Antisemitismusbeauftragter sind die Folge.
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«Wenn du die Wahl hättest zwischen einem Buch von Naipaul und einem über Javascript, welches würdest du lesen?» – Wer als Einheimischer in einem deutschen Software-Unternehmen in der Westbank überleben will, braucht auf alles, auch hierauf, die richtige Antwort. Und wird am Ende trotzdem entlassen.
Working for a German software company in the West Bank requires the exact same skills as getting through the Qalandiya check-point: the patience of Job and knowing when you cross a line.
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In his iconic MoMA water lily paintings, Monet’s brushwork is the magnified version of his usual smaller strokes. But to summarize what might connect a late Monet and Rilke’s French poetry with … well … Soviet fighter jets, you’d need to write another essay. So why not just read this one?
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As dining out has turned into an extreme sport—with chefs as idolized celebrities and customers as eager to perform—food lovers with a sense for sustainability keep asking one question: Is there a way ahead for culinary excellence that does not equate good food with bad labour practices?
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Wenn Polizisten in Kampfmontur Demonstration auflösen, sind sie der schmerzlich-konkrete Inbegriff von «Staatsgewalt». Wie widersetzt man sich solcher Gewalt, ändert vielleicht sogar ihre Prämissen? Nur wer die eigene Verletzlichkeit als Mittel einsetzt, kann der Gewaltlogik des Staates entkommen.
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Grosny, «Die Schreckliche», wurde 1818 als russische Garnison im Kaukasus gegründet. Von hier dominierte das Zarenreich, die UdSSR, schließlich Putin die Gebirgsregion. Tschetschenen, Georgier und Armenier haben ein taktisches Verhältnis zur Großmacht. Ein Modellfall von russischem Kolonialismus?
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Anders als der Greenwich-Meridian kennt der Meeresspiegel keinen international vereinbarten Nullpunkt. Das macht die Geschichte seiner Bestimmung zum Zankapfel von Interessen. Und es erklärt, warum der, nein: die steigenden Meeresspiegel das politische Koordinatensystem neu kalibrieren.
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Faroquhi, Putz, Mercedes… Like the poststructuralists who were his contemporaries, Harun Farocki played with faces and facets of a fracturing self. But instead of polishing his reputation, he used his «foreign» name and outsider position as sources for a gradually evolving craft of self-alienation.
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Romantik ist die Sehnsucht, das Unberührte zu berühren. Dissoziation, wenn alle Organe gleichzeitig zur Flucht ansetzen. Lisa Jeschkes Gedichte, Übersetzungen und Editionen treiben Boyhood und nationale Gefühle über die Grenzen, ohne gleich wieder in einem neuen Volkskörper Heimaturlaub zu nehmen.
Memo
Arabisch ist eine Weltsprache, gesprochen von rund 3 Millionen Menschen in Deutschland – doch arabischsprachige Literatur ist hier schwer zu vermitteln. Das liegt an fehlenden Sprachkenntnissen in Verlagen, in der Literaturkritik und -wissenschaft; und leider auch an einem fatalen Generalverdacht.